Reiseverkehr in die Bundesrepublik

Checkpoint Charlie in BerlinSeit Herbst 1946 mussten alle Reisenden, die in eine andere Besatzungszone fahren wollten, einen Interzonenpass besitzen, der in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR nur in beschränkter Zahl ausgestellt wurde. Abgesehen von Dienstreisen erhielten bis Juni 1953 nur wenige DDR-Bürger die Möglichkeit, einen Besuch bei Freunden und Verwandten im Westen zu machen. Nur Reisen nach West-Berlin waren fast ungehindert möglich und wurden von DDR-Seite auch in größerem Umfange zugelassen. Allein zwischen 1954 und 1957 kamen jährlich etwa 2,5 Millionen Reisende, davon blieben jeweils mehr als 4 v.H. im Bundesgebiet. Erstmals im Sommer 1957 wurde bestimmten Personengruppen (Oberschülern, Studenten, FDJ-Angehörigen) Reisen in den Westen verboten; wenige Monate später wurde durch eine Änderung des Passgesetzes und administrative Maßnahmen die Zahl der Besuchsreisen in das Bundesgebiet rapide gedrosselt. Besuche in größerem Umfang waren zunächst nur noch über die Sektorengrenze nach West-Berlin möglich, doch mit dem Bau der Berliner Mauer am 13.08.1961 wurden auch diese Möglichkeiten unterbunden.

Nach dem Mauerbau waren zunächst nur Dienstreisen zugelassen. Erst Ende 1964 erhielten Rentner die Möglichkeit, Verwandte in Westdeutschland zu besuchen. Seit dem Inkrafttreten des Verkehrsvertrages im Jahre 1972 konnten Rentner mehrmals im Jahr in das Bundesgebiet bzw. nach West-Berlin reisen (insgesamt 30 Tage). Seit August 1984 konnten sie auch Bekannte im Westen besuchen und bis zu 60 Tagen bleiben.

Auf Genehmigung der DDR-Behörden konnten DDR-Bürger unterhalb des Rentenalters seit 1972 in dringenden Familienangelegenheiten in die Bundesrepublik bzw. nach West-Berlin reisen. Als dringende Familienangelegenheiten waren folgende Anlässe, die mehrfach erweitert worden sind, anerkannt: Geburten, Taufen, Konfirmationen, Kommunionen, Jugendweihen, kirchliche und standesamtliche Eheschließungen, Ehejubiläen, der 60., 65., 70., 75. und jeder weitere Geburtstag, lebensgefährliche Erkrankungen und Sterbefälle. Antragsberechtigte Verwandte in der DDR waren: Großeltern, Eltern, Kinder, Geschwister und Halbgeschwister (mütterlicherseits).

Nach einer Erweiterung des Katalogs der Reiseanlässe im Februar 1982 stieg die Zahl der Besuche in dringenden Familienangelegenheiten 1982 um 25 v.H., 1983 um weitere 40 v.H. 1983 reisten somit rund 64000 DDR-Bewohner, die nicht Rentner waren, in die Bundesrepublik Deutschland.1

Unter dem Druck der Bevölkerung wurde am 09.11.1989 eine neue Reiseregelung bekannt gegeben, wonach Privatreisen in die Bundesrepublik kurzfristig ermöglicht wurden und nur in besonderen Ausnahmefällen verweigert würden.2 Mit der Schaffung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion am 01.07.1990 entfielen auch jegliche Passkontrollen zwischen der Bundesrepublik und der DDR.3

1 vgl. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): DDR-Handbuch, 3. Auflage, Bonn 1985, S. 635

2 vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.): Jahresbericht der Bundesregierung 1989, Bonn 1990, S. 314
vgl. Ilse Spittmann/Gisela Helwig: Chronik der Ereignisse in der DDR, 4. Auflage, Köln 1990, S. 20

3 vgl. Gebhard Diemer/Eberhard Kuhrt: Kurze Chronik der Deutschen Frage, 2. Auflage, München 1991, S. 165


letzte Änderung: 22.05.2003